Foto (c): R. Eisenbauer

Kette rechts - Grand Prix Gratwein/Straßengel

Recht zufrieden bilanzierte der sportliche Leiter Werner Salmen vom Team Vorarlberg-Santic den Nachmittag von Judendorf: die Plätze zwei, drei und sechs in der Tageswertung geholt, dazu Roland Thalmann als überlegener Sieger der Bergwertung, für die er während seiner langen Soloflucht die entsprechenden Punkte sammeln konnte. Ob Stüssi, Schelling und Co. bei den Rankweilern bleiben werden? Ziemlich fix scheint jedenfalls, das Max Kuen, der Gesamtzweite der Bundesliga, eine weitere Saison im Westen anhängen wird.

Das renommierte Grazer Autohaus Edelsbrunner war so wie in den letzten beiden  Jahren einer der Hauptsponsoren das Judendorfer UCI-Rennens: ein Dutzend große Peugeot-Modelle wurden der Organisation zur Verfügung gestellt, für Rennleiter, Mechaniker, Punkterichter, VIP-Betreuung etc. Den UCI-Status des Rennens konnte man überhaupt am Umfang der Organisation erkennen: 26 Motorräder, dazu insgesamt  21 Autos für Rennleitung, Absicherung, Begleitung und schließlich die 22 Betreuerfahrzeuge bei der Elite und zehn bei den Junioren. Für die perfekte Absicherung der 20 km-Rundstrecke waren rund sechzig Feuerwehrleute und zwanzig Polizeibeamte verantwortlich.

Im Zielbereich des Judendorfer Rennens kam die Gastronomie wie in den vergangenen Jahren nicht zu kurz. Das Kuchen-Buffet im großen Festzelt mit 25 (!) verschiedenen Köstlichkeiten, gebacken von den Damen des örtlichen Radclubs, „verdient schon das Prädikat UCI 1.1,“ scherzten viele  Besucher. Die Damen das Radclubs glänzten auch optisch überwiegend im Dirndl-Look: schließlich fand ja zeitgleich nur ein paar Kilometer weiter in der Landeshauptstadt das „Aufsteirern“ statt, ein großes Stadtfest, bei dem traditionell die steirische Tracht hochgehalten wird. 

Vor vier Jahren war der ehemalige Rennfahrer Roland Eberl als Obmann des Radclubs Judendorf angetreten mit dem Ansinnen, im Zuge der damals kommenden Weltmeisterschaft in Tirol das UCI-Bundesliga-Rennen als WM-Generalprobe aufzuziehen. Diese Vorhaben war rückblickend einigermaßen geglückt, sagt der stets selbstkritische Ex-Rennfahrer. Ob der Grand Prix auch weiterhin den UCI-Status anstreben wird, bleibt vorerst offen. „Es kostet halt doch einige Tausender mehr“, seufzt der Chef von über sechzig umtriebigen Vereinsmitgliedern, und realistischer Weise haben die Steirer ja noch ein wenig Zeit, um sich bis Jahresende beim Weltverband dahingehend zu äußern. Die behördlichen Auflagen werden nämlich jedes Jahr umfangreicher, sprich teurer, so Eberl.

Erneut kein Siegerinterview in deutscher Sprache, aber bitte wieder auf englisch oder italienisch: der zweifache Judendorf-Sieger Maciej Paterski kann in seiner nunmehr zwölfjährigen Laufbahn als Radprofi nämlich auch auf Saisonen bei Liquigas in der WorldTour verweisen. Sein neunter Saisonsieg war das immerhin schon in Judendorf, und Riccardo Zoidl kennt er mittlerweile auch recht gut: nicht nur, weil er ihn im Vorjahr hier besiegt hat, sondern weil dieser bei CCC fährt, dem renommiertesten polnischen Klub, bei dem der 33jährige Rennfahrer aus Posen selbst jahrelang unter Vertrag war.

Judendorf war auch lockerer Treffpunkt früherer steirischer Radsport-Größen: Markus Eibegger etwa, der nach seinem Rücktritt vor zwölf Monaten nun bei einer Bank in Vorchdorf beschäftigt ist, war als VIP-Chauffer unterwegs und konnte mit Vater Walter plaudern, der im Junioren-Rennen mit rapso Knittelfeld im Einsatz war. Ex-Staatsmeister Heinz Marchel war wie immer bei steirischen Rennen mit dem Polizei-Motorrad unterwegs; sein ehemaliger Kindberg- Klubkollege Bernhard Wippel hat mittlerweile einen Posten im mittleren Management bei den ÖBB in Graz. Arnold Eisel wusste Aktuelles vom (kleinen) Bruder Bernhard zu berichten: dieser könne für 2020 unter gleich drei (guten) Angeboten wählen und wird vermutlich also eher seine Laufbahn fortsetzen, ein Umstand, von dem derzeit viele Radprofis nur träumen können.

Recht kurios hat sich das Abschiedsrennen für Georg Zimmermann gestaltet: Bis zur vorletzten Runde in einer 2-Mann-Spitze mit dem Schweizer Roland Thalmann (Team Vorarlberg), belegte er bei seinem letzten Einsatz für das Tirol KTM Cycling-Team den 55. und letzten Platz im Klassement. Der 21jährige Deutsche wurde auf Grund seiner überzeugenden Saisonergebnisse (u.a. Platz fünf bei der Tour de l`Avenir) von CCC verpflichtet und wird als Neuling bereits in den nächsten Tagen bei der Slowakei-Rundfahrt für seinen WorldTour-Arbeitgeber unterwegs sein.

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