Radrennfahrer sind bekanntlich hart im Nehmen. Lukas Pöstlberger hatte am Vortag der Bergmeisterschaft die Bohemia-Rundfahrt gewonnen, ein sensationeller Erfolg, und war nach einer zehnstündigen Autofahrt mit dem Tirol-Team erst um zwei Uhr früh in Thalgau ins Bett gekommen. Nach einer kurzen Nacht fuhr er am Gaisberg zur Bronzemedaille – Balsam für den Ex-Straßenstaatsmeister nach seiner Verletzungsserie im Frühjahr.
Auch das Team Weiss-Oberndorfer war in Tschechien am Start gewesen – ohne Spitzenplätze zu erringen. Obs die Nachricht war, dass mit Saisonende im Innviertel der Sportbetrieb eingestellt wird? Nach außen hin ließen sich die Rennfahrer jedenfalls nichts anmerken. „Wir wollen als Verein aber weiter bestehen bleiben“, merkte der sportliche Leiter Oskar Hauser an, der gleichzeitig aber die Möglichkeiten pessimistisch beurteilte, dass sich im Winter vielleicht doch noch ein Geldgeber findet und das Continental-Team übernimmt.
Mit einer riesigen Flasche bayrischen Bieres wurde bei WSA-Greenlife noch oben am Gaisberg auf das Triple angestoßen - in Anspielung auf Liga-Sieger Florian Bissinger, bekanntlich ein Oberbayer. Nebel, Wind und Regen waren den Rennfahrern des Grazer Teams in diesen Augenblicken egal: noch nie hat es in der Tchibo Top.Rad.Liga eine Mannschaft geschafft, neben der Mannschafts – auch die Einzel – und U 23-Wertung zu gewinnen.
Am Gaisberg hat auch ein „bunter Vogel“ der Radsportszene adieu gesagt: Wolfgang Tenor von ARBÖ Denzel Cliff hat mit 44 Jahren und 3 Monaten seine Laufbahn als Elite-Fahrer beendet. Der stets eloquente und gut gelaunte Niederösterreicher bleibt allerdings dem Radsport erhalten: der Bundesheer-Offizier wird vermehrt Tandem-Rennen bestreiten, dabei ist er mit einem sehbehinderten Partner unterwegs und strebt eine Teilnahme an den Paralympics-Spielen von 2016 in Rio an.
Bei Gourmetfein-Simplon wird sich im Winter einiges tun. „Wir werden auf zwölf Fahrer reduzieren“, sagt der sportliche Leiter Andreas Grossek. Das Welser Team wird sich gleich von mehreren Fahrern trennen und im Gegenzug entsprechend wenige Mann neu verpflichten. Nur so viel ist fix: Kvasina, Marin werden bleiben, auch Klettermax Jure Golcer wird mit 37 Jahren noch eine Saison anhängen. Gourmetfein konnte zum Saisonabschluss am Gaisberg immerhin einen Doppelsieg feiern, den ersten Tageserfolg übrigens bei der heurigen Tchibo Top.Rad.Liga.
Im Ziel recht gefasst wirkte Jan Tratnik. Der Slowene hatte erst auf den allerletzten Metern am Gaisberg sein gelbes Trikot verspielt, das er sieben Renntage lang getragen hatte. „Ich hatte einfach schwere Beine und konnte nicht mehr zusetzen, ich gratuliere Bissinger zum Gesamtsieg“, zeigte sich Tratnik als fairer Verlierer. Trotzdem zufrieden war Teamchef Erich Amplatz. „In unserem ersten Jahr als Continental-Team war die Vorstellung unserer Jungs doch wirklich beachtlich“. Hervorzuheben am Gaisberg war jedenfalls Stephan Rabitsch, der sich im Amplatz-Trikot an der Spitze des Feldes als Tempomachen buchstäblich kaputt fuhr und erst nach den ersten Kilometern des Anstieges ausschwenkte. Sein Einsatz für Tratnik blieb letztlich aber unbelohnt.